Heilig-Geist-Straße 21: Unterschied zwischen den Versionen
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− | An der Stelle der heutigen Heilig-Geist-Straße 21 war früher die Josefstraße 5. In dem Haus wohnte Leo Meeners mit seiner Ehefrau. Der staatl. geprüfte Musikdirektor führte in seinen Räumen eine Musikschule, und gab auch privat bei den Schülern zu Hause, Unterricht in Akkordeon, Klavier, Geige, Gitarre u.a. | + | [[Datei:Artur Winter in Göteborg.jpg|273x273px|thumb|links|Arthur Winter in Göteborg<ref>Das letzte Bild von Arthur Winter. 1903 in Kempen als Sohn des Viehhändlers Siegmund Winter, Josefstr. 5, geboten, studierte der junge Jude Maschinenbau. Damals noch überzeugter Marxist, wanderte er 1931 in das Gelobte Land der Werktätigen aus — in die Sowjetunion, wo er Arbeit in einer Leningrader Werft fand. Als sein deutscher Pass abgelaufen war, ging er 1937, ernüchtert von der Realität des Stalinismus, über Finnland nach Schweden, wo er sich schließlich in Göteborg niederließ. Unmittelbar nach Kriegsende zeichnete er das Leben und Sterben der Kempener Juden in Riga auf. |
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+ | Bild: Helga Winter, in: Kaiser, Hans, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Abb. 111 auf S. 412</ref>]] | ||
+ | [[Datei:Hl-Geist-Str21-2013.jpg|300px|thumb|rechts|Heilig-Geist-Str. 21, 2013 ]] | ||
+ | [[Datei:Josefstrasse-5-6.jpg|300px|thumb|rechts|Haus Nummer 6 (rechts) wurde im 2. Weltkrieg zerstört und wieder aufgebaut. Nr. 5 (im Bild links) um 2001 durch einen Neubau ersetzt. Jetzt Heilig-Geist-Straße 21]] | ||
+ | [[Datei:Gihla--handwerkerwagen.jpg|300px|thumb|rechts|Josefstraße 5 und 6 mit Umzugswagen GIHLA, am 26. 8. - 4. 9. 1933 ]] | ||
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+ | An der Stelle der heutigen Heilig-Geist-Straße 21 war früher die Josefstraße 5. Schon Ende des 19. Jahrhunderts betrieben hier Emanuel und Sigmund Winter eine Viehhandlung.<ref>Adressbuch für den Kreis Kempen/Rhein, 1898</ref> Im Adressbuch von 1937 erscheint nur noch Sigmund.<ref>Adressbuch für den Kreis Kempen-Krefeld, 1937</ref> (geboren 22.1.1864, gestorben 11.3.1943)<ref name="Steinheim" /> "Der Viehhändler Siegmund Winter, in Kempen geborener Sohn von Sussmann Winter (Anm. d. Verf.: Im Adressbuch von 1898 steht Susmann Winter mit einem s, ebenfalls Viehhändler, Burgstr. 13) und Jenny geb. Rath, und seine Tochter, die Kolonialwarenhändlerin Carola (Karoline/Linchen), wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert. Siegmund starb 1943 in Theresienstadt, seine Tochter 1944 in Auschwitz. Sein Sohn Arthur Winter (geb. 12.1.1903) war 1931 nach Rußland emigriert und 1936 nach Schweden gezogen. Dort füllte er 1979 Gedenkblätter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem für seinen Vater und seine Schwester aus."<ref name="Steinheim" /> | ||
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+ | Hans Kaiser berichtet in seinem Buch an mehreren Stellen über Arthur Winter. Über die Geschichte des Hauses schreibt er: | ||
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+ | Siegmund Winter, seit dem 25. Februar 1938 Eigentümer des Hauses Josefstraße 5 (heute Heiliggeiststraße 21); EW 7300 RM. Auch dieses Gebäude wurde seit dem Herbst 1941 als Judenhaus verwendet. Seit 1939 in Verwaltung des Finanzamts Kempen, seit dem 27. Juni 1942 im Besitz des Reiches. Während des Krieges durch einen Luftangriff zu circa 60 Prozent zerstört, um 2001 durch einen Neubau ersetzt.<ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 385 </ref> | ||
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+ | Von der Peterstraße 23 bringt die Polizei Isidor Hirsch, seine Frau Johanna und seine Schwester Hannchen in das Haus von Siegmund Winter und dessen Tochter Carola, Josefstraße 5 (an der Stelle des heutigen Hauses Heiliggeiststraße 21). Dahin werden nun auch Andreas Mendel, seine Ehefrau Paula und ihr Sohn Kurt aus ihrer letzten Wohnung Tiefstraße 15 gezwungen, ebenso wie Sally Servos, seine Ehefrau Nanni und ihre Tochter Bertha von der Vorster Straße 16. Was für eine Enge muss in den neuen Quartieren geherrscht haben! In dem schmalen Haus an der Schulstraße 10 leben nun acht Menschen, an der Josefstraße 5 elf. <ref>vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410 </ref> | ||
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+ | Siehe auch Kaiser, Zurückgelassene Habe wurde versteigert, in [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/kempen/zurueckgelassene-habe-wurde-versteigert-aid-1.4793576 RP-online, 13.1.2015], hier mit einem Bild von Carola Winter im Alter von 11 Jahren.<br /> | ||
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+ | Später wohnte in dem Haus Leo Meeners mit seiner Ehefrau Petronella. Der staatl. geprüfte Musikdirektor führte in seinen Räumen eine Musikschule, und gab auch privat bei den Schülern zu Hause, Unterricht in Akkordeon, Klavier, Geige, Gitarre u.a. | ||
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+ | <references> | ||
+ | <ref name="Steinheim"> | ||
+ | Friedhelm Weinforth: Geschichte der jüdischen Gemeinde Kempen, in: Gerhard Rehm (Redaktion): Geschichte der Juden im Kreis Viersen (Schriftenreihe des Kreises Viersen 38), Viersen 1991, S. 273-306, hier S. 301.<br /> | ||
+ | Dieter Hangebruch: "In der Gewalt der Gestapo. Das Schicksal der Juden des Kreises (1933 bis 1945)", in: Heimatbuch des Kreises Viersen 1979, S. 239-260, hier S. 259 | ||
+ | *Hirsch, Anna<br /> | ||
+ | geb. 2. 1. 1875 Kempen<br /> | ||
+ | Kempen, (Josefstr. 5) Ellenstr. 33<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 † | ||
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+ | *Hirsch, Isidor<br /> | ||
+ | geb. 12. 8. 1872 Kempen<br /> | ||
+ | Viehhandlung, Metzgerei<br /> | ||
+ | Kempen, (Josefstr. 5) Peterstr. 23<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 † | ||
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+ | *Hirsch, Johanna, geb. Kaufmann<br /> | ||
+ | geb. 9. 9. 1874 Gommern<br /> | ||
+ | Ehefrau des Isidor Hirsch<br /> | ||
+ | Kempen, (Josefstr. 5) Peterstr. 23<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 † | ||
+ | |||
+ | *Servos, Nanny, geb. Herz<br /> | ||
+ | geb. 2. 4. 1866 Bochum<br /> | ||
+ | Kempen, Josefstr. 5<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 † | ||
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+ | *Winter, Arthur<br /> | ||
+ | geb. 5. 12. 1. 1903<br /> | ||
+ | Kempen, Josefstr.<br /> | ||
+ | 5. 1. 1931 Rußland<br /> | ||
+ | von dort emigriert Schweden 1936<br /> | ||
+ | |||
+ | *Winter, Else<br /> | ||
+ | geb. 5. 11. 1901<br /> | ||
+ | Kempen, Josefstr.<br /> | ||
+ | 1937 Haft Düsseldorf<br /> | ||
+ | emigriert USA 1937<br /> | ||
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+ | *Winter, Sigmund<br /> | ||
+ | geb. 22. 1. 1864<br /> | ||
+ | Viehhändler<br /> | ||
+ | Kempen, Josefstr. 5<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †<br /> | ||
+ | |||
+ | *Winter, Linchen (Karoline/ Carola)<br /> | ||
+ | geb. 30. 4. 1899 Kempen<br /> | ||
+ | Kolonialwaren<br /> | ||
+ | Kempen, Umstr. 12, Josefstr. 5<br /> | ||
+ | dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †<br /> | ||
+ | † April 1943 Auschwitz<br /> | ||
+ | </ref> | ||
+ | </references> | ||
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+ | File:Haus_Josefstr_5_vor_Wiederaufbau_Februar_1948.jpg|Vor dem Wiederaufbau: Haus Josefstraße 5 als Ruine im Februar 1948 | ||
+ | File:Ruine_Josefstr_5_vor_Wiederaufbau_Februar_1948.jpg|...seitliche Ansicht | ||
Datei:Musikschule.jpg|Erinnerungen an Auftritte der Musikschule von Leo Meeners, z.B. in der Königsburg oder im Kolpinghaus | Datei:Musikschule.jpg|Erinnerungen an Auftritte der Musikschule von Leo Meeners, z.B. in der Königsburg oder im Kolpinghaus | ||
Datei:Mehners-leo-elly.jpg|Leo Meeners mit Frau Petronella (Rufname "Nelly") und Hund Tiki, 1966 | Datei:Mehners-leo-elly.jpg|Leo Meeners mit Frau Petronella (Rufname "Nelly") und Hund Tiki, 1966 | ||
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'''Zur Straßenliste [[Heilig-Geist-Straße]]''' | '''Zur Straßenliste [[Heilig-Geist-Straße]]''' |
Aktuelle Version vom 18. Januar 2023, 09:31 Uhr
An der Stelle der heutigen Heilig-Geist-Straße 21 war früher die Josefstraße 5. Schon Ende des 19. Jahrhunderts betrieben hier Emanuel und Sigmund Winter eine Viehhandlung.[2] Im Adressbuch von 1937 erscheint nur noch Sigmund.[3] (geboren 22.1.1864, gestorben 11.3.1943)[4] "Der Viehhändler Siegmund Winter, in Kempen geborener Sohn von Sussmann Winter (Anm. d. Verf.: Im Adressbuch von 1898 steht Susmann Winter mit einem s, ebenfalls Viehhändler, Burgstr. 13) und Jenny geb. Rath, und seine Tochter, die Kolonialwarenhändlerin Carola (Karoline/Linchen), wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert. Siegmund starb 1943 in Theresienstadt, seine Tochter 1944 in Auschwitz. Sein Sohn Arthur Winter (geb. 12.1.1903) war 1931 nach Rußland emigriert und 1936 nach Schweden gezogen. Dort füllte er 1979 Gedenkblätter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem für seinen Vater und seine Schwester aus."[4]
Hans Kaiser berichtet in seinem Buch an mehreren Stellen über Arthur Winter. Über die Geschichte des Hauses schreibt er:
Siegmund Winter, seit dem 25. Februar 1938 Eigentümer des Hauses Josefstraße 5 (heute Heiliggeiststraße 21); EW 7300 RM. Auch dieses Gebäude wurde seit dem Herbst 1941 als Judenhaus verwendet. Seit 1939 in Verwaltung des Finanzamts Kempen, seit dem 27. Juni 1942 im Besitz des Reiches. Während des Krieges durch einen Luftangriff zu circa 60 Prozent zerstört, um 2001 durch einen Neubau ersetzt.[5]
Und weiter:
Von der Peterstraße 23 bringt die Polizei Isidor Hirsch, seine Frau Johanna und seine Schwester Hannchen in das Haus von Siegmund Winter und dessen Tochter Carola, Josefstraße 5 (an der Stelle des heutigen Hauses Heiliggeiststraße 21). Dahin werden nun auch Andreas Mendel, seine Ehefrau Paula und ihr Sohn Kurt aus ihrer letzten Wohnung Tiefstraße 15 gezwungen, ebenso wie Sally Servos, seine Ehefrau Nanni und ihre Tochter Bertha von der Vorster Straße 16. Was für eine Enge muss in den neuen Quartieren geherrscht haben! In dem schmalen Haus an der Schulstraße 10 leben nun acht Menschen, an der Josefstraße 5 elf. [6]
Siehe auch Kaiser, Zurückgelassene Habe wurde versteigert, in RP-online, 13.1.2015, hier mit einem Bild von Carola Winter im Alter von 11 Jahren.
Später wohnte in dem Haus Leo Meeners mit seiner Ehefrau Petronella. Der staatl. geprüfte Musikdirektor führte in seinen Räumen eine Musikschule, und gab auch privat bei den Schülern zu Hause, Unterricht in Akkordeon, Klavier, Geige, Gitarre u.a.
- ↑ Das letzte Bild von Arthur Winter. 1903 in Kempen als Sohn des Viehhändlers Siegmund Winter, Josefstr. 5, geboten, studierte der junge Jude Maschinenbau. Damals noch überzeugter Marxist, wanderte er 1931 in das Gelobte Land der Werktätigen aus — in die Sowjetunion, wo er Arbeit in einer Leningrader Werft fand. Als sein deutscher Pass abgelaufen war, ging er 1937, ernüchtert von der Realität des Stalinismus, über Finnland nach Schweden, wo er sich schließlich in Göteborg niederließ. Unmittelbar nach Kriegsende zeichnete er das Leben und Sterben der Kempener Juden in Riga auf. Bild: Helga Winter, in: Kaiser, Hans, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Abb. 111 auf S. 412
- ↑ Adressbuch für den Kreis Kempen/Rhein, 1898
- ↑ Adressbuch für den Kreis Kempen-Krefeld, 1937
- ↑ 4,0 4,1
Friedhelm Weinforth: Geschichte der jüdischen Gemeinde Kempen, in: Gerhard Rehm (Redaktion): Geschichte der Juden im Kreis Viersen (Schriftenreihe des Kreises Viersen 38), Viersen 1991, S. 273-306, hier S. 301.
Dieter Hangebruch: "In der Gewalt der Gestapo. Das Schicksal der Juden des Kreises (1933 bis 1945)", in: Heimatbuch des Kreises Viersen 1979, S. 239-260, hier S. 259- Hirsch, Anna
Kempen, (Josefstr. 5) Ellenstr. 33
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †- Hirsch, Isidor
Viehhandlung, Metzgerei
Kempen, (Josefstr. 5) Peterstr. 23
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †- Hirsch, Johanna, geb. Kaufmann
Ehefrau des Isidor Hirsch
Kempen, (Josefstr. 5) Peterstr. 23
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †- Servos, Nanny, geb. Herz
Kempen, Josefstr. 5
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †- Winter, Arthur
Kempen, Josefstr.
5. 1. 1931 Rußland
von dort emigriert Schweden 1936
- Winter, Else
Kempen, Josefstr.
1937 Haft Düsseldorf
emigriert USA 1937
- Winter, Sigmund
Viehhändler
Kempen, Josefstr. 5
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †
- Winter, Linchen (Karoline/ Carola)
Kolonialwaren
Kempen, Umstr. 12, Josefstr. 5
dep. Theresienstadt 25. 7. 1942 †
† April 1943 Auschwitz
- Hirsch, Anna
- ↑ vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 385
- ↑ vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410
Zur Straßenliste Heilig-Geist-Straße