Alte Schulstraße 9

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2-geschossiges Wohnhaus in 4 Achsen, Backstein, erbaut 2. Hälfte 19. Jahrhundert.[1]


Alte Schulstraße 9 im Jahr 2021

Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert lebte hier der Metzger Abraham Lambertz (geb. 3.9.1826, gest. 18.7.1901, jeweils in Kempen). Er erscheint auch schon als Metzger im Adressbuch von 1879, und zwar unter der Kempener Hausnummer 263. Unter der Hausnummer 233 wohnte der Metzger Nathan Lambertz. Das könnte die spätere Tiefstraße 15 gewesen sein, wo man 1912 und 1925 den Metzger Moritz Lambertz findet. 1861 erscheint der Name Lambertz überhaupt noch nicht im Adressbuch.

Abraham Lambertz war seit 1858 verheiratet mit Carolina Schieren (geb. 11.12.1830, Hardter Broich/Mönchengladbach, gest. 10.12.1912 in Kempen) und dürfte das Haus also auch gebaut haben. Ihr Sohn Simon (geb. 17.7.1859, gest. 21.5.1928 im Haus Schulstraße 8) heiratete Berta Reiß, ihre Tochter Regina (geb. 2.8.1865, verst. 29.12.1933, jeweils in Kempen) blieb wohl unverheiratet. Die jüdische Familie Lambertz erschien damals in den Adressbüchern unter den Adressen Schulstraße 8 und 9. Im Nachbarhaus Alte Schulstraße 8 (damals noch nur Schulstraße) lebte der Viehhändler Simon Lambertz. Auch unter einigen weiteren Adressen fand man in Kempen den Namen Lambertz, auch in der Nachbarschaft Schulstraße 17 und in der Tiefstraße 15.

Vor dem Krieg gehörten die Häuser Schulstraße 8 und 9 dann Abrahams Sohn Adolf Lambertz (geb. 12.5.1861, gest. 7.3.1942).Er erscheint als Viehhändler im Adressbuch von 1912 und auch noch als Rentner im Jahr 1937 und besaß auch einige Grundstücke im Gebiet Peschweg/Wiesenstraß/Oedter Pfad.[2] Der 80-jährige Junggeselle Andreas, genannt Adolph - so Kaiser[3] - musste nach Dezember 1941 zwangsweise zu den Geschwistern Ajakobi in der Josefstraße 7 ziehen.[4] "Im guten Glauben, noch frei über seinen Besitz verfügen zu können, stellte" er "noch im Dezember 1941 ein Testament über seine beiden Häuser Schulstraße 8 und 9 aus (StAK A 3224).[5] Laut Kaiser wohnten in der Schulstraße 9 auch noch Adolfs Schwester Regina Lambertz und seine Haushälterin[6] Sophie Buchdahl (geb. am 23.4.1880 in Lichtenau, Krs. Büren/Westfalen), die am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert wurde.[7]

Beide Häuser standen dann zunächst unter Verwaltung des Kempener Finanzamtes. "Bereits 1941 waren die Häuser Schulstraße 8 und 9 im Grundbuch als Besitz von Kaufmann Ernst Evers aus Düsseldorf, Düsseldorf, Friedrichstraße 32 eingetragen (KVK Mutterrolle Stadt Kempen 2331/3220), dessen Ehefrau Erna geb. Lambertz die Nichte von Andreas Lambertz und von ihm als Universalerbin eingesetzt worden war (StAK A 3224). Als Lambertz am 7.3.1942 in Kempen im Judenhaus Josefstr. 7 verstorben war, konnten sie den von der Reichsfinanzbehörde verwalteten Besitz natürlich nicht antreten. S. auch die Entschädigungssache Adolf Andreas Lambertz (KAV KK 12065)."[8]

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Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde das Haus dann erneut verkauft und von Grund auf renoviert.


Einträge in alten Adressbüchern:

1879

  • Lambertz, Abraham, Metzger, Hausnummmer Kempen 263

1898

  • Lambertz, Abraham, Metzger

1912

  • Lambertz, Abraham, Wwe., Rentnerin
  • Lambertz, Adolf, Viehhdlr.

1925

  • Lambertz, Adolf, Viehhandlung

1937

  • Lambertz, Adolf, Rentner

1959

  • Holl, Josef, Schlosser
  • Offermanns, Adolf, Drucker



Quellen:

  1. Liste_der_Baudenkmäler_in_Kempen
  2. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1235 auf S. 370
  3. Kaiser spricht von "Andreas, genannt Adolph", obwohl 1937 im offiziellen Adressbuch ein Rentner Adolf Lambertz verzeichnet ist. Vielleicht war es ja eher umgekehrt wie bei Adolph, genannt Andreas Rath von der Umstraße 8, den Kaiser in seinem Buch beschreibt.
  4. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 410f.
  5. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1306 auf S. 386
  6. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, S. 418
  7. vgl. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnoten 1652ff. auf S. 467
  8. Kaiser, Kempen unterm Hakenkreuz, Band 2, Viersen, 2014, Fußnote 1277 auf S. 381
    KVK = Kreis Viersen Katasteramt
    StAK = Stadtarchiv Kempen
    KAV = Kreisarchiv Viersen